Ja, es gibt einen wirklich guten Grund, Drohnenland von Tom Hillenbrand auf keinen Fall zu lesen: Man wird süchtig danach! Drohnenland ist einer dieser Romane, in denen man so versinkt, dass man die Welt um sich herum vergisst – weil man gar nicht anders kann.

Für eine derartig dreiste Lese-Nötigung muss Tom Hillenbrand eigentlich bestraft werden. Sein futuristischer Thriller, eine geniale Mischung aus Science Fiction und Kriminalroman, hat internationales Format und müsste sich – entsprechende internationale Auswertung in möglichst viele Sprachen vorausgesetzt – zu einem weltweiten Bestseller entwickeln. In den USA erklimmen solche Erzählungen nicht einfach nur die Bestesllerlisten, sondern werden auch entsprechend international erfolgreich ausgewertet und anschließend würdig verfilmt. Angemssen dramaturgisch aufgebaut und flott erzählt ist Drohnenland in jedem Fall.

Die zahllosen Einfälle im Roman sind durchaus interessant, der sog. „Mirrorspace“ ist gar großes Kino. Überhaupt Kino: Hillenbrand schafft es, eine Welt vor den Augen des Lesers ablaufen zu lassen wie in einem Kinofilm, und das trotz recht sparsamer Beschreibungen. Plastisch und klar konturiert, reißt der Plot den Leser in das Roman-Universum und lässt ihn nicht mehr los.

Die zukünftige Welt, die Hillenbrand in Drohnenland beschreibt, ist schlüssig und auf diese Weise in vielerlei Hinsicht erschreckend. Da ist natürlich die technologische Dimension der nahezu lückenlosen Totalüberwachung sowie die politischen, technischen und gesellschaftlichen Handlungen daraus.

Da sind aber auch die geschickt beiläufig in das Handlungsgerüst montierten Beschreibungen des Klimawandels und der politischen Verwicklungen (Solar-Kriege). Das ist geschickt gemacht und bietet die ganze Strecke hindurch immer wieder neue Einsichten in die beschriebene Welt, die der heutigen zwar um einige Jahrzehnte voraus ist, aber noch immer vorstellbar im Hier und Jetzt verankert ist – so strahlt Drohnenland eine Aktualität und Authentiziät aus, die man so nur selten findet.

Drohnenland publikumswirksam als „Kriminalroman“ zu verkaufen, ist zwar nicht falsch, aber drängt den Roman viel zu weit in eine Ecke, in die er nicht gehört. Er ist sowohl SF-Thriller als auch Tech-Thriller. Ihn von Verlagsseite so offensiv in die Krimiecke zu drängen, wird dem Stoff mit all seiner brisanten Tragweite und seinen überraschenden Einfällen bei Weitem nicht gerecht – zumal die deutsche Krimi-Szene weder internationales Format, noch internationale Klasse hat. So werden SF-Fans an dem Buch eher vorbeilaufen und sich der typische Krimi-Leser eher befremdet fühlen.

Perfekt geschrieben, ist Drohnenland ein Sog, der nicht mehr loslässt, dass man dem Roman wie dem Autor einen verdienen internationalen Bestseller wünscht.

Herr Hillenbrand, Sie haben mich mit Ihrem Roman gekidnappt.

Ich danke Ihnen dafür!