„Licht ins Dunkel bringen“ ist in der Science Fiction mehr als nur ein Sprichwort. Ein kurzer Abriss durch die Filmgeschichte zeigt durchaus, wie ernst es dem Genre mit dem Sprichwort ist.

Bereits der Mond als Himmelskörper faszinierte die Menschen. Hell am Nachthimmel sichtbar, stellte er viele vor Fragen, die zunächst gar nicht, und im Laufe der Jahrtausende nur mit hohem Aufwand beantwortet werden konnten.

„Das Licht“ am Himmel. Neben der Sonne und den Sternen eben auch das weiße Riesending am nächtlichen Firmament.

Die Mythologien der Frühgeschichte und Antike luden Sonne und Mond entsprechend auf. Dem Licht am Himmel musste Name, Sinn und Funktion in der Welt gegeben werden.

Im Laufe der Zeit wurde der Mond erklärbar, sprich: Deutbar.

Doch die Faszination am Licht als solches blieb bestehen, ebenso seine Aufladung mit Wissen, Weisheit, Überlegenheit. Kein Wunder: Licht in seiner ureigenen Form bringt tatsächlich Licht ins Dunkel: Wer Licht besitzt, verdrängt die Finsternis. Schon früh wurden Licht und Dunkelheit Synonym nicht nur für Weisheit und Unkenntnis, sondern auch für Gut und Böse. Wer „das Licht der Erkenntnis“ besitzt, ist Bezwinger des Bösen. Daraus resultierte eine dem Licht mythologisch immanente Deutung: Nur der Wissende gebietet über das Licht. Wer in den Anfängen der Menschheit über das Feuer gebot, war Magier, Zauberer, Gott – nicht umsonst schleuderten Götter Blitze, wurden Mond und Sonne als sichtbare, aber unerreichbare Fakten in der sichtbaren Welt zu göttlichen Wesen.

Doch speziell diese Deutung blieb nicht lange schlüssig, schließlich bemächtigt sich auch das Böse dem Licht, wie die Erfahrung lehrte. Licht als Wissen ist also nicht an die Trennung von Gut und Böse gekoppelt, da Gut und Böse gleichwohl über Wissen verfügen können. Nur die Intention der Anwendung ist eine andere: Wo das eine Licht für Weisheit steht, steht das andere für Macht und ihren Missbrauch.

Die Phantastik, die sich noch heute der archaischen Denkmuster bedient, da sie gesellschaftlicher Konsens sind, hatte schon früh die Dialektik dieses Themas erkannt und wurde somit „hellsichtig“. Licht blieb als Symbol für Erkenntnis und Wissen zwar bestehen – doch es differenzierte sich: Die Guten „hatten“ das Licht, sie „waren hell“, lebten im Hellen, lebten im Oben wie dem Olymp. Wer „im Hellen“ wohnt, ist nicht nur gut und wissend, sondern auch weise.

Die Bösen lebten im Unten, im Dunkeln. Sie besaßen die Helligkeit nicht von sich aus, sie mussten sie sich erarbeiten, sie mussten sie machen. Das Feuer machen, es erhalten. Ihr Licht ist nicht natürlich, ihre Erkenntnis und ihr Wissen ebensowenig. Deshalb ist der Missbrauch Teil dieses Lichts.

Der Science-Fiction-Film bediente sich schon früh dem Einsatz von Licht als Synonym für Wissen und Macht.

Mit der heranschreitenden Naturwissenschaft änderte sich der Einsatz von Licht, doch die damit verbundene Überlegenheit blieb. Licht wurde synonym mit Elektrizität, ein Symbol für Wissenschaft und Technik. Fortan wurde Licht in der Science Fiction das Mittel von Wissenschaftlern, die nicht selten verrückt und/oder böse waren.

Sie erschufen den berühmten Roboter in Fritz Langs Metropolis, der umgeben von Lichtkreisen zu leben begann. Überlegene Maschinen erzeugten auf Knopfdruck Schöpfung – ihre Bediener wurden Gott durch Technik. Gekennzeichnet von Licht, über das sie geboten.

Gar das archaische Bild der Gewalt über das Feuer blieb erhalten: Es flammte aus Raketentriebwerken, die Mensch, Maschine und Außerirdische mit großer Geschwindigkeit über große Distanzen brachten.

Unvergessen das Licht in Kampf der Welten von 1953: Laserstrahlen, sprich Licht, wurden von bösartigen Außerirdischen auf die Erde abgefeuert und richteten Zerstörungen gigantischen Ausmaßes an. Licht als Schöpfungs- wie auch Zerstörungsmetapher gesteuert von überlegenem Geist.

Das Innere von Raumschiffen wurde erst durch massiven Einsatz von Licht futuristisch: Je mehr blinkende Lichter auf einer Brücke oder in einem Labor zu sehen waren, umso mehr Komplexität und technologisches Know-how konnte vermutet werden. Für den Zuschauer waren diese Zeichen übrigens so verständlich, dass sie nicht erklärt werden mussten: Das Urbild des Lichts als Wissensträger war und ist noch immer aktiv. Wie wäre man in den 50ern enttäuscht vom iPod gewesen …

Licht repräsentierte maschinelle Funktion und damit technische Fertigkeiten der Anderen, die die unsrigen übersteigen. Sie sind machtvoller als wir – uns versetzt es entweder in das Hoffen, die Fremden sind uns wohlgesinnt und setzen ihre überlegene Technik höchstens für uns statt gegen uns ein – oder in Furcht vor ihrer Bösartigkeit.

Licht ist in beiden Fällen vorhanden. Das gleißende Licht der Raumschiffe in „Independance Day“ ist Inbegriff weltweiter Vernichtung. Die hellen Lichter in Unheimliche Begegnung der dritten Art ist Verheißung, Hoffnung, Freundlichkeit.

In Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum erlangt Bowman durch einen wüsten Ritt durch Licht Erkenntnis, in strahlendweißen Räumen Unsterblichkeit und Wiedergeburt.

Und doch war es erst Spielberg, der in seiner Unheimlichen Begegnung das Licht massiv als Symbol über einen ganzen Film hindurch einsetzte. Dabei ließ er zunächst eine mögliche Deutung ins Unangenehme durchaus zu. Wenn die Außerirdischen im Film der Mutter ihren kleinen Sohn entreißen, ohne sie mit einzubeziehen, ist dies durchaus ein zunächst gewalttätiger Akt, ganz gleich, welche Wendung der Film letztlich nehmen wird.

Aber Licht wird hier in seiner ureigenen Form gezeigt: Als Stellvertreter für eine Macht, die wenn nicht Angst, so doch Verblüffung, Befremden auslöst. Das, was im Licht ist, beherrscht das Licht und damit auch „höhere Mächte“, und seien sie auch nur rein technologisch. Das Licht im Film kündet von Überlegenheit – und nicht nur auf technischem Gebiet. Die Lichtinszenierung in diesem Film lässt Heiliges durchdringen, etwas zutiefst Mythologisches. Die Menschen werden im Film magisch vom Licht angezogen, vom Wissen, angefacht durch Neugier. Und richtig: Durch das Licht werden die Menschen „wissend“, sie wissen, wenn auch zunächst unbewusst, vom späteren Landeplatz der Außerirdischen. Dass dieser Ort ausgerechnet „Devil’s Tower“ heißt, lässt sich durchaus deuten: Die Außerirdischen erhellen mit ihrem Wissen und ihrer Weisheit die sprichwörtliche Dunkelheit der Menschen. Und deren Bösartigkeit, um sie zu vertreiben.

Spielberg ließ sich von den zahlreichen UFO-Sichtungen inspirieren, die fast alle in Dunkelheit stattfanden, in der Lichterscheinungen zu sehen waren: Mythologische Archetypen aus der Frühzeit der Menschen. Das Licht im Dunkel ist ihre Intelligenz in der Unterlegenheit der Menschheit, die noch viel zu lernen hat. Sonne, Mond und Sterne sind keine Götter mehr, auch der Olymp hat ausgedient. Die Götter kommen von den Sternen. Götter, auch wenn wir sie aufklärerisch „Wesen“ nennen, sind sie in gewisser Weise noch immer geblieben.

Das Licht repräsentiert sie. Spielberg war der erste, der sie entsprechend und bis heute stilbildend in Szene setzte. Das macht „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ zu einem Klassiker des modernen Films.

Wenn in Invasion vom Mars, gerade in der Neuverfilmung von 1986 die unheimlichen Lichtspiele zu sehen sind, ist dies nichts Anderes, nur unter anderen Vorzeichen.

Auch das „innere Licht“ oder „das innere Leuchten“ ist für beide Seiten besetzt worden: Wo das Herz von E.T. aus dem Inneren nach außen rot leuchtet und somit Verletzbarkeit zeigt, ist das rote Leuchten im Roboter Maximilian aus Das schwarze Loch zwar ebenso Zeichen von Intelligenz, jedoch bösartiger Natur.

In Filmen neueren Datums hat sich der Lichteinsatz verändert. So werden in Independance Day die Ausleuchtungen varriert: Das helle Licht der Zerstörung außen, die höhlenartige Düsternis des Bösen im Innern der Raumschiffe.

Heutzutage blinken keine Tausende bunte Lichter mehr – unsere Gegenwart hat dieses Zukunftsszenario längst getilgt. Stattdessen gibt es funktionale mehrfarbige Panels und Screens – oder schlicht strahlendweiße, nahezu sterile Orte. Heutzutage ist das vordergründige Fehlen von Technik Beweis für technische Überlegenheit.

Wie auch immer sich die Darstellung des Lichts in kommenden Filmen späterer Jahre auch verändern mag, so bleibt das Grundmuster ebenso gleich wie die intentionale Aufladung des Lichts. Licht als Zeichen ist uns in die Wiege gelegt, es ist Teil unserer Kultur. Ebenso die Hinwendung zum Göttlichen, in welchem Maßstab und welcher Ausprägung auch immer.

Denn auch wenn wir uns immer weiter entwickeln und eines Tages zu dem entwickeln könnten, was wir derzeit an gottgleichen Wesen in Filmen sehen, werden wir unseren kulturellen Anfängen auch weiterhin verbunden sein. Durch alle denkbaren Ausdrucksformen.

Dieser Artikel erschien im Magazin BWA 311 des Science-Fiction-Clubs Baden-Württemberg SFCBW.