Making-Of Der Wind von Irgendwo von Oliver Koch - www.oliverkoch.net

Ja, 1985 ist lange her, aber genau hier muss mein Making-of Der Wind von Irgendwo starten. Denn in diesem Jahr beginnt die lange Entstehungsgeschichte meines Romans »Der Wind von Irgendwo« – auch wenn es damals weder die Idee zu einem Roman, noch zu dem heutigen Titel gab. 

1985 hörte ich als damals 14-Jähriger erstmals alle Schallplatten von Chris de Burgh durch, den ich schon seit seinem Album »The Getaway« von 1982 sehr liebte. De Burghs Lieder haben mich damals häufig inspiriert, so zu ganzen Passagen eines SF-Romans, den ich seit 1984 per Hand schrieb (übrigens nie zu Ende, allerdings habe ich noch sämtliche Originalseiten).

Im Sommer 1985 waren wir gerade aus meinem heiß geliebten Osnabrück, in dem ich 10 Jahre lang aufgewachsen war, zurück nach Hamm gezogen, aus dem meine Familie stammt. Der Schock saß damals tief. In Osnabrück hatte ich meine Clique zurücklassen müssen wie auch sonst alles, was mir lieb und teuer war. Ich hatte Hamm nie gemocht, und frustriert zog ich mich in mich selbst zurück. Geschrieben hatte ich schon zu dieser Zeit auch in Osnabrück viel, aber erst in Hamm begann ich, der Realität entfliehen zu wollen. Und so stellte ich mir verstärkt Geschichten oder Szenen für Geschichten zu Musik vor, die ich damals exzessiv hörte. 

Schließlich kam de Burghs Album »Eastern Wind« von 1980 an die Reihe – und beim Titelsong »Eastern Wind« machte es Klick.

Ich war fasziniert von den Textzeilen:

Well my furrows are filled with corn
I have my woman to keep me warm
But there’s one thing that I do fear
That Eastern wind is getting near
(…)
But I am sure, as the willow will grow
That Eastern wind is going to blow
Blowing a hole in my life, Eastern wind
Running away with my life, Eastern wind;
(…)
I saw a mad old man, and I ran to the door
And then that wind began to roar

Basierend auf diesem Lied schrieb ich auf einer grünen, mechanischen Erika-Schreibmaschine eine Kurzgeschichte: »Der Wind von Osten«. Nur 1,5 Seiten war sie lang. Aber für mich war sie ein großer Wurf. 

Natürlich ist de Burghs Lied politisch, was »Der Wind von Osten« ebensowenig war wie letztlich, Jahrzehnte später, die Romanversion »Der Wind von Irgendwo« heute ist. 

Aber meine Kurzgeschichte legte, basierend auf Chris de Burghs Lied, das Setting meines Romans »Der Wind von Irgendwo:« Sie spielte in einem Dorf, und abends saßen die Bewohner am Feuer, um sich gegenseitig von dem drohenden Wind von Osten zu erzählen. Sie warnten, dass er ein Loch in ihr Leben blasen würde. Am Ende kamen die Flugzeuge und zerstörten das Dorf.

Ich kann dieses Ende hier getrost verraten, weil es nicht das Ende des Romans »Der Wind von Irgendwo« ist. 

Auch war ich fasziniert von der bedrohlichen Atmosphäre des Liedes. De Burgh war früher ein begnadeter Geschichtenerzähler, der auch häufig den Widerstand seiner irischen Heimat gegen die Briten thematisierte, den Nordirland-Konflikt oder Krieg im Allgemeinen. Sein »Eastern Wind« war ging also um etwas ganz anderes: Er sang über Widerstand gegen Invasoren – und folglich hatte es auch meine Kurzgeschichte. Welche es waren, spielte für mich damals keine Rolle. Dass am Ende meiner Story feindliche Flugzeuge das Dorf zerstörten, war meine eigene Idee; davon findet sich nichts in De Burghs Lied.

Dann war da natürlich dieses Album-Cover! Ich setzte in meiner Story das Dorf genau in diese Landschaft – und in der ist es bis heute. 

Aber das Cover war letztlich nicht der Auslöser, der mich Jahrzehnte später davon überzeugte, meinen Roman ebenso in dieser Landschaft spielen zu lassen: Ich hatte Jahre überhaupt nicht vor, »Der Wind von Osten« als lose Vorlage zu einem Roman zu verwenden. Dieser Auslöser war etwas ganz anderes – worüber ich später noch schreiben werde.