Stephen King hat es schon wieder getan: Er hat öffentlich gesagt, wie missraten er mit der Verfilmung seines Romans The Shining von Regie-Großmeister Stanley Kubrick ist. Dass King den Film regelrecht hasst, ist längst bekannt. Diesmal hat er sich im Interview mit Deadline genauer geäußert.
Die Äußerungen geben mit Anlass, selbst etwas zur Verfilmung von Kubrick zu sagen:

Auch Genies haben schlechte Tage. Und Regisseure ihre schlechten Filme, die dann als das Pendant der schlechten Tage gelten. Auch bei Genies wie Kubrick ist das nicht anders. Natürlich heißt es im Rückblick, alles, was Kubrick gedreht hat, sei ein Meisterwerk, aber das ist nicht wahr. Erst kürzlich sah ich Shining nach vielen Jahren einmal wieder, oder besser gesagt, ich versuchte es. Dass ich den Film langweilig fand, war mir noch bewusst, und auch, dass Autor Stehen King Kubricks Version gehasst hat.

Ich kann ihn verstehen.

Klar, es wirkt immer etwas anmaßend, wenn man einen Meister kritisiert, aber ich frage mich: Warum eigentlich? Weil es sich bis zur Sakronsanz durchgesetzt hat, dass es über jeden Zweifel erhaben ist, dass eine Kritik zwangsläufig falsch, unpassend und anmaßend ist?
Shining ist ein langweiliger Film. Mehr noch: Er ist purer Trash. Ein monsterhaft ins Künstlerische aufgeblasene Nichts ohne Spannung mit miesen Schauspielern, lächerlichen Charakteren und schlechten Dialogen.
Dass Jack Nicholson, ausgerechnet er, schlecht sein soll, ist gerade einer dieser Punkte, die schwer zu glauben sind, zumal es auch hier einem Sakrileg gleichkommt, ihn zu kritisieren – aber es liegt nun einmal auch an dem, was er spielen musste und an dem, was der Regie-Wahnsinnige Kubrick von ihm wollte. Eben das macht alles nur tragischer.
King ist mit Nicholsons Darstellung alles andere als einverstanden, und die Vorwürfe, die King erhebt, sind schwerwiegend. Nicholsons spiele seine Figur des Jack Torrance „verrückt wie eine Scheißhausratte“ ( he’s crazy as a shit house rat). Und alles liefe darauf hinaus, dass er nur verrückter werde, ohne dass er sich mit seinem eigenen Verstand auseinandersetze. Und ja, dies ist wirklich die deutlichste Diskrepanz zwischen Vorlage und Adaption. Im Buch kämpft die Figur mit sich und seinem Verstand, doch im Film rastet er einfach nur aus. King hatte nach eigenem Bekunden den Fall der Figut des Jack Torrance als Tragödie geplant, doch Kubrick schien offenbar daran kein Interesse zu haben.

Es ist dies auch der Grund, aus dem mich der Film kalt lässt. Nicholson betreibt maßloses Overacting, ist das abgrundtief Wahnsinnige. Dies wird einfach nur dargestellt statt erklärt. Der Film ist klinisch und lässt einen kalt, weil ihm alles Menschliche und damit alles Tragische abgeht.

Kubrick wird gehypt, als habe er das Kino gefunden. Im Grunde ist er ein einziges Scheitern. Nicht deshalb, weil er vergleichsweise wenig Filme abgeliefert hat, sondern weil er ein endloser Planer war, der so weit forschte und vor allem theoretisierte, dass am Ende das Praktische hinten überfiel.
Sicher, 2001 ist ein Meisterwerk, eines der ganzen großen. Aber danach kam er nie wieder so richtig auf die Spur, und wir reden hier von 1968.

Sein Uhrwerk Orange ist irre, irre genial und irre radikal ebenfalls, aber nicht mehr der große Wurf, als vielmehr der große Skandal. Skandale ersetzen Meisterwerke nicht und machen sie nicht zwangsläufig zu welchen.

Barry Lyndon mag unterschätzt sein, aber auch hier fand Kubrick zur Meisterschaft nicht zurück. Wa sist von einem FIlm zu halten, über den am bekanntesten ist, dass hier erstmals bei echtem Kerzenlicht gedreht wurde? Weswegen anschließend ein Knaller her musste, und das sollte nun Shining sein.

Kubrick biederte sich damit einer Horrorwelle an, überhaupt einer Welle, die ihn vor sich hertrieb und in ein Genre hinein, das nun einfach nicht seins war. Seine Art und seine Sichtweise vertragen sich nicht mit Horror, so einfach ist das.
Und als habe er gewusst, dass er scheitern muss, blies er alles auf ins Kubrickhafte, in der Hoffnung, wenigstens das könne die Kritik am Werk dämpfen – die dann aber erbarmungslos war. Nicht nur lieb der Erfolg aus, auch die Kritiker waren nicht angetan. Und Kubrick tat Unglaubliches: Er kürzte den Film aufgrund der Reaktionen um knapp 30 Minuten für den internationalen Markt. Das sei, so sagte er später, die eigentliche Fassung.
Doch so etwas widerfährt einem unantastbaren Genie wie Kubrick? Nicht im Ernst.
Nein, Shining ist das Produkt eines Scheiterns, und ja, eines großen Regisseurs, dessen Erbe dadurch nicht kleiner wird.
Aber jemand, der sich in zugegeben große Kamerafahrten flüchtet, sich einem Geschmack anbiedert, den er nicht versteht und ein zahmes, ödes und übertrieben verkünsteltes Horrordrama macht, der ist einfach gescheitert.
Immerhin liefert der Film DAS ikonographische Highlight des Horror-Kinos: Jack Nicholson, der diabolisch durch die die vom ihm mit einer Axt zerschlagene Tür schaut.
Ja, immerhin hat Kubrick damit ein Erbe gesichert. Das Einzige. Neben seinem Scheitern.